Alles neu in 2020. Denn auch wenn wir als Digital Natives schon immer von unterwegs gearbeitet haben, ist jetzt vieles anders – zum Beispiel für diejenigen von uns mit Kindern. Denn wie geht das jetzt gerade, Arbeit, Schule, private Organisation, Mahlzeiten und Spaß unter einen Hut zu stopfen? Wir haben die Eltern im Team gefragt und bieten hier einen kleinen Einblick in diesen „Alltag“, der alles andere ist als alltäglich!
Mit weniger Stunden sieht die gesamte Organisation leichter aus. Daniela (zwei Kinder, 5 und 7): „Ich habe es in Teilzeit jetzt natürlich viel, viel übersichtlicher. Denn ein halber Tag lässt sich unterbrechen und die Stundenzahl so auf den ganzen verteilen. Da haben sogar Hausaufgaben und Waldspaziergänge noch locker Platz.“
Dazu passt, was mehrere Vollzeitler in unserer internen Umfrage sagten: Sie holen die Unterbrechungen in den Tagesrandzeiten nach. Nach dem Motto: Die frühe Mutter pickt schon mal zwei Stunden, bevor das dem schlafenden Kind auffällt, erzählt Sonja Schneider (zwei Kinder, 3 und 5): „Dinge, die zwölf bis 24 Stunden Zeit haben und Ruhe erfordern, erledige ich früh morgens oder abends, wenn die Kinder im Bett sind.“
Auch der Bewegungsdrang der Kids wird von manchen schon ganz früh befriedigt. Christine (eine Tochter, zweieinhalb) erzählt: „Wir lieben Spaziergänge vor acht Uhr morgens in die Hafen City – es ist menschenleer, in den Shops, vor dem Maritimen Museum. Die Kleine kann sich austoben und die große Schiffschraube sowie Boote oder die großen Unterwasserweltbilder auf dem Überseeboulevard sind endlos spannend.“
Klar, dass die Kids ohne Rundum-Betreuung in unbeobachteten Momenten, nun ja, die Bude zerlegen. „Nein, nicht diese Wand anmalen. Nein, auch die nicht.“ ist nun fester Bestandteil von virtuellen Teammeetings“, sagt Christine, und sie teilt gerne ihr neues Wissen mit uns: „Wusstet ihr, dass sich die Stecker von Kopfhörerkabeln auch hervorragend als Malwerkzeug für Kunst an Wänden eignen?“ Äh, nein, wussten wir gar nicht. Aber thanks for sharing! Besser klappt es also, wenn wir Eltern Beschäftigungen vorhalten, die ganz ohne uns funktionieren: Hörspiele, das gute alte Lego und Malbücher vom Umfang der Bibel zum Beispiel. „Paul kann während Meetings auch Lern-Filme gucken oder mit Lern-Apps arbeiten, das funktioniert super.“ sagt Sonia. Mega, diese Technologien.
Im Vorteil sind ganz klar die Eltern, die vor ein paar Jahren daran gedacht haben, für ein Geschwisterkind zu sorgen und einen Abenteuergarten von der Größe des HSV-Stadions zu kaufen (Ironie, klar). Dani verbucht da einen Punkt für sich: „Zwei Kinder mit einem Altersabstand von 20 Monaten: Das ist hier über Stunden ein Selbstläufer.“
Einkaufen ohne Kinder ist strengstens empfohlen – und wird deswegen von den Erwachsenen an den Tag drangehängt. Gerne genutzt werden folgerichtig die Ladenöffnungszeiten bis 22 Uhr, und auch an dieser Stelle applaudieren wir im Geiste kurz für all die, die uns das ermöglichen durch ihre Dienste bei Speditionen, an der Kassen, in den Lagern. DANKE.
Lieferdienste stehen ebenfalls hoch im Kurs, das Restaurant an der Ecke reicht Essen raus? Perfekt. Der pro-Kopf-TK-Waren-Verbrauch scheint höher zu liegen als in vorangegangenen Jahren. Obwohl, da gibt es auch Ausnahmen! Zum Beispiel bei Martina und Heiko (eine Tochter, 7)! Martina erklärt, wieso: „Da bei uns beide Elternteile von zu Hause arbeiten, können wir uns aufteilen. So kommen wir zum Arbeiten, haben aber auch Zeit uns um Kind, Hausaufgaben und den Haushalt zu kümmern.“ Ein Traum!
Noch etwas haben wir gelernt: Kinder LIEBEN Video-Konferenzen. Wir haben uns also alle beizeiten mit dem „Ton deaktivieren“-Button vertraut gemacht. Wenn Sie dann über die elterliche Schlafanzughose, den Haircut der Kollegin oder ihr neues Talent „super laut rülpsen“ referieren, sehen sie dabei trotzdem noch ganz harmlos aus. Wie niedlich! Logischerweise nutzen manche Eltern die neue Technologie auch für die Kids. Sonia (einen Sohn, 7) berichtet sogar: „Der Geigenunterricht per Skype klappt gut!“ Leider müssen Zoom und Co. momentan auch Zwischenmenschliches ersetzen: „Wir videotelefonieren oft mit den Großeltern. Aber dass wir sie nicht regelmäßig sehen können, verlangt uns viel ab“, gesteht Sonia.
Ja, bei aller Organisationsstärke sind wir ehrlich: Die Antworten der Kollegen waren gar nicht immer witzig. Viele drückten auch direkt aufs Herz. Da sind die vielen Mahlzeiten, die wir plötzlich zusammen haben dürfen und die neuen Rituale, die den Tag strukturieren und bunter machen. Viele unserer Kinder verstehen trotz ihres jungen Alters, warum das mit dem Virus so gefährlich ist und machen sich rührende Gedanken um Omis, Opis und KiTa-Freunde. Da sind die Nachbarn, die jeden Tag die Kinder zu sich in den Garten rufen und eine Stunde mit den Hunden spielen lassen. Warum soll ein Babysitter auch nicht vier Beine haben? Da sind die Partnerschaften, die jetzt stärker belastet sind, denn wer darf wann telefonieren, wer kocht, wer kauft ein? Ein Kollege bringt es auf die einfache Formel: „Wir haben jetzt gleichzeitig weniger Schlaf und weniger Zeit für uns als Paar, da wir morgens und abends arbeiten.“ – nach einem Glücksrezept klingt das nicht, und so schreibt eine Kollegin auch: „Entspannt ist das alles nicht.“
Aus allen Berichten lässt sich also eine Sehnsucht herauslesen: Die nach Me-Time und gemeinsamer Zeit mit dem Partner. Wenn das hier alles vorbei ist, dann muss man kein hochbezahlter Trendforscher sein, um zu wissen: Die Arbeit von ErzieherInnen und LehrerInnen erfährt gerade sicher ein Wertschätzungsplus ungeahnten Ausmaßes. Babysitter werden bald sehr gefragt sein, genau wie Kerzen, Badezusätze und Restaurants. Und neue Wandfarben. Wir freuen uns drauf.
Nachtrag – noch eine Art Statistik: Die Autorin des Textes hat das Schreiben mehrfach unterbrochen, um Äpfel zu schneiden, Decken in den Garten zu werfen, ein Stofftier und ein GANZ BESTIMMTES Hörspiel auf dem Handy zu suchen. Daneben gab es eine Beule zu kühlen und einen Streit zu schlichten. Zeitaufwand: 13 Minuten. Die hängt sie gleich dran. Aber erst schmiert sie noch Butterbrote.